Hund entlaufen - Ein Erfahrungsbericht

Wie ist es, wenn man als jemand, der viel Erfahrung mit der Sicherung entlaufener Hunde hat, zu einem Einsatz gerufen wird? Melanie Linnenberger erzählt, was sie dann tut.

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Norris, 10 Jahre alt, Labrador-Rüde, von klein auf bei seinen Menschen. Ein GPS- Tracker hätte uns definitiv eine Woche des Suchens, Bangens und der Unsicherheit erspart. An einem Dienstag bekam ich einen Anruf: “Können Sie uns bitte helfen, unser Hund ist entlaufen!“ Natürlich machte ich mich umgehend auf den Weg, um mir eine Stelle anzusehen, wo er angeblich an einer Futterstelle gefressen haben sollte. Diese war wohl für einen anderen entlaufenen Hund eingerichtet worden, war aber leider sehr unprofessionell und schlecht angelegt. Zudem war auf der Wildkamera nicht Norris zu sehen, sondern ein anderer Hund, der wohl spazieren geführt wurde. Am nächsten Tag trafen wir uns am Entlaufungsort. Ich wollte dort nochmal ansetzen.

Nach vier Tagen ohne Sichtung

Mittlerweile waren vier Tage ohne Sichtung vergangen. Aus diesem Grund nahm ich einen von meinen Hunden mit, um ihn am Entlaufungsort anzusetzen. Er hatte rasch eine Spur, aber wir kamen nach einer Weile wieder am Entlaufungsort an. Nach Angaben der Besitzer war Norris genau dort in die abwärtsgehenden Büsche gelaufen. Gegenüber dem Hang lagen Bahngleise. Entlaufene Hunde ernähren sich oft von Aas. Ich wollte mir die Sache mal näher anschauen. Also kletterte ich hoch, konnte aber nichts weitersehen. Zudem war der Bereich sehr gefährlich. Nach drei Stunden brachen wir ab. Ich musste mir alles nochmal genau durch den Kopf gehen lassen und mich mit einer Kollegin beraten.

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War der Hund verletzt oder wurde er mitgenommen?

Mir war klar, dass bei einem Hund dieser Größe und um diese Uhrzeit entlaufen, seither von niemandem gesehen, nach so langer Zeit etwas nicht stimmt. Vermutlich wäre er entweder verletzt oder jemand hätte ihn mitgenommen. Wir durchforsteten Ebay, ob er eventuell dort zum Verkauf angeboten würde, ohne Erfolg. Die Suchplakate wurden nochmals geändert und in den sozialen Medien und handlich verteilt. Inzwischen hatten wir Samstag und immer noch keine Sichtung. Das konnte nicht sein. Mein Gefühl sagte mir: Ich muss dort rein, wo er am Entlaufungstag rein ist … auch wenn es fast unmöglich war, denn dort kam auch mein Hund nicht weiter. Am Sonntagmorgen drängelte ich. Ich wollte unbedingt in das Gebiet rein. Wir zertraten die mannshohen Brennnesseln. Es ging einen steilen Hügel hinunter. Dort unten war ein kleiner Fluss. Es ging wieder einen steilen Hügel hinauf. Der Freund der Besitzerin kämpfte sich den gegenüber liegenden Hang hoch. Ich blieb im Fluss, um hochzuschauen. Wir liefen ein paar Meter weiter. Oberhalb war es wirklich schwer durchzukommen. Da kam er der Ruf “Ich habe ihn!“

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Leider kein Happy End

Ich hatte kein gutes Gefühl. Und??? Norris war tot. Er lag im Gestrüpp, ganz verdreht. Ich konnte nicht dorthin und bat den Freund der Halterin, zu mir runterzukommen. So standen wir eine Weile im Fluss und besprachen kurz, was wohl passiert sein mochte? Norris hatte definitiv einen Genickbruch erlitten. Mir blieb nichts Anderes übrig, als auf dem Spazierweg zur Besitzerin zurückzugehen, die dort noch suchend unterwegs war. Es war traurig sie zu informieren. Wir mussten letztlich noch zwei Männer zur Hilfe rufen, um Norris überhaupt bergen zu können.

Fazit

JEDER Hund kann JEDERZEIT entlaufen!
Es macht Sinn, die technischen Möglichkeiten, die es heutzutage gibt, tatsächlich zu nutzen. Die Anschaffung / Das Anlegen eines GPS-Trackers hätte hier viel Zeit gespart, hätte Norris vielleicht sogar das Leben gerettet.